Reisebericht: "Die Gärten der Cotswolds"
Geschrieben von: Wolfgang Klopsch   

 

 

Die Reisen unseres Verbandes zu den Gartenschätzen Englands sind schon Tradition und so machten sich auch heuer wieder 33 Ehemalige auf die Reise, um die Gartenschätze in den mittelenglischen Cotswolds zu entdecken. Unter der bewährten Reiseleitung von Frau Magdalena Buchen startete die Gruppe am 11. Juni 2019 am frühen Morgen in Veitshöchheim. Mit einem Bistro-Bus der Firma Schuy führte die Fahrt über Frankfurt, Köln, Aachen und Antwerpen nach Calais. Die erschütternden Bilder der Behausungen von Flüchtlingen in den Dünen vor dem Hafengelände sind nicht mehr zu sehen. Das Hafengelände und auch die Zufahrten sind durch einen doppelten, mehrere Meter hohen Zaun abgeschirmt, um Flüchtlinge an einer Einreise nach England zu hindern. Entsprechend streng waren auch die Passkontrollen. Nach einer ruhigen Fährüberfahrt kamen wir am späten Nachmittag in Dover an. Erstmals bei einer VEV Reise nach England übernachteten wir dieses Mal direkt in Dover. Nach dem Bezug unseres Hotels, das an der Uferpromenade lag, entschied sich ein Teil der Reisegruppe die über der Stadt liegende mittelalterliche Burg zu besichtigen. Der Eintrittspreis von 20,- £ (pro Person!) führte jedoch dazu, dass sich die Gruppe entschloss eine  kleine Wanderung zu den Kreideklippen zu unternehmen. Andere Teilnehmer entschieden sich von vornherein für einen Bummel entlang der Uferpromenade.

 



Nach einem ersten leckeren „Full English Breakfast“ führte uns die mehrstündige Fahrt  zu unserem ersten Garten „Hidcote Manor Gardens“ in der Nähe von Stratford-upon-Avon. Der Schöpfer des Gartens, Lawrence Johnstone, ein Autodidakt, lebte hier ab 1907. Er war ein leidenschaftlicher Pflanzensammler, der in den 1920er Jahren an Expeditionen teilnahm und auch selber am Kilimandscharo Lobelien sammelte. 40 Jahre kümmerte er sich um seinen Garten. Da die Cotswolds im Vergleich etwa mit Cornwall nicht zu den klimatisch besonders begünstigten Gebieten gehören, legte Johnstone zum Schutz der Pflanzen Mauern und Hecken an. So entstand auf etwa 4 ha ein „Garden of Rooms“, eine Folge kleiner Parzellen, die Vorbild für zahllose Cottage-Gärten in England wurden. Leider hat  Johnstone keine Pläne oder Aufzeichnungen hinterlassen, so dass die heutigen Gärtner Probleme bei der Erhaltung des Gartens haben. Heute betreut der „National Trust“  den Garten.

Auf der Weiterfahrt zu unserem Hotel machten wir in Chipping Camden eine kurze Pause. Seinen früheren Reichtum verdankt das malerische Städtchen dem früheren Wollhandel. Die Häuser sind aus den charakteristischen  hellgelben Cotswolds Steinen erbaut. Am Ortsrand liegt der kleine, öffentlich und kostenfrei zugängliche „Ernest Wilson Memorial Garden“. Ernest Henry Wilson (1876 – 1930) stammte aus Chipping Camden und war einer der großen Pflanzensammler. Der Garten beherbergt einige der 1200 Baum- und Straucharten, die er von seinen China- Reisen nach England brachte.

Gegen Abend erreichten wir in Tewkesbury das auf einem Golfplatz gelegene „Park Hotel“, das für die nächsten Tage unser Zuhause wurde. Die Küche des Hotels verwöhnte uns mit köstlichen Speisen und widerlegte alle gängigen Vorurteile über das Essen in England.

Westonbirt Arboretum in der Nähe von Tetbury untersteht dem britischen Amt für Forstwirtschaft („Forestry Commission England“).  Das Arboretum geht zurück auf Sir Robert Holford, der Mitte des 19. Jahrhunderts mit der Anpflanzung fremdländischer Gehölze begann. Westonbirt ist also auch ein Ergebnis der Sammelleidenschaft des viktorianischen Zeitalters. Das Arboretum umfasst auf einer Fläche von insgesamt 240 ha über 15000 katalogisierte Bäume und Sträucher, die zu 3000 Arten bzw. Sorten gehören. Bei einer speziellen Führung durch das „alte Arboretum“  lernten wir auch, was es bedeutet, wenn es in England „cats and dogs“ regnet. Besonders eindrucksvoll waren die mächtigen alten Baumriesen. Leider waren die meisten Rhododendren schon verblüht. Das Arboretum, das den Status eines „Nationalen Arboretums“ hat,  wird wissenschaftlich geleitet. Es ist mit markierten Wegen sehr gut erschlossen. Die Pflanzen sind alle mit Etiketten versehen, die wichtige Informationen über die Bäume enthalten. Im Gegensatz zu  deutschen  Arboreten, die häufig recht versteck liegen, hat sich Westonbirt ganz den Besuchern geöffnet. Dies beginnt bei der Ausschilderung, großzügigen Parkmöglichkeiten und einem weitläufigen Besucherzentrum.

Ein Höhepunkt der Reise war sicher für alle der Besuch von Highgrove, dem privaten Garten von HRH The Prince of Wales. Schon bei früheren VEV Gartenreisen hatten wir uns bemüht, diesen besonderen Garten von Prinz Charles zu besuchen, doch leider immer erfolglos. Umso mehr haben wir uns gefreut, dieses Jahr eine Genehmigung zum Besuch von Highgrove  zu erhalten. Nach einer Personenkontrolle und der Aufteilung in zwei Gruppen – der Garten darf nur im Rahmen von Führungen besucht werden – erläuterte Prinz Charles in einer Video-Botschaft seine Gedanken für die Anlage seines Gartens, den er seit 35 Jahren realisiert hat. Sein Leitspruch lautet: „Ich habe gelernt, dass die Natur ein empfindliches, kostbares Erbe ist, das wir mit großer Sorgfalt behandeln müssen.“ Im Vorwort zum Buch „Highgrove – Ein Jahr im königlichen Garten“ schreibt Prinz Charles: „In vieler Hinsicht ist der Garten von Highgrove ein sehr bescheidener Versuch, zur Heilung von Schäden beizutragen, die durch kurzsichtiges Handeln dem Boden, der Landschaft und letztlich unseren Seelen zugefügt wurden“.  Der  Garten ist eine Abfolge der verschiedensten Gartenräume, die teilweise mit Kunstwerken zeitgenössischer Künstler ausgestattet sind. Der Küchengarten wird nach biologischen Grundsätzen bewirtschaftet. Für den Berichterstatter, der schon bei anderen Gartenreisen englische Gärten kennengelernt hat, ist Highgrove sicher einer der eindrucksvollsten und vielleicht sogar der schönste Garten, den er bisher gesehen hat. Bedauerlich nur, dass im Garten ein Fotografier-Verbot besteht.

Die „Special Plants Nursery“ der Landschaftsarchitektin und Gartenbuchautorin  Derry Watkins liegt in einer reizvollen hügeligen Landschaft in der Nähe von Bath und ist nur auf schmalen Wegen zu erreichen, die für unseren Bus unpassierbar waren. Dankbar nahmen wir daher den uns angebotenen Shuttle-Service an. Special Plants Nursery  besteht aus drei Bereichen: Der Gärtnerei, dem Schaugarten und einem Kursangebot. Die Gärtnerei, die von März bis Oktober 7 Tage pro Woche von 10.00 Uhr bis 17 Uhr geöffnet ist,  bietet ein großes Sortiment an Stauden, wobei die Warenpräsentation  sicher noch ausbaufähig ist. Kurz nach unserem Besuch fand am 19.Juni ein Tag der offenen Tür statt, wobei die Besucher für die Besichtigung des Schaugartens eine detaillierte Pflanzenliste und entsprechende Gartenpläne erhalten. Derry Watkins bietet von April bis Ende Oktober ein umfangreiches Seminarprogramm an. Als „Bonbon“ erhalten Seminarteilnehmer am gebuchten Seminartag einen Rabatt von 10% beim Kauf von Pflanzen. Da ein richtiges Café fehlt, bietet Derry Watkins in ihrem geräumigen Wohnzimmer den Gästen Biscuits und Tee an.

Barnsley House Gardens in der Nähe von Cirencester ist ein Musterbeispiel des englischen „country house and garden“. Der Garten wurde von Rosemary Verey gestaltet, einer Autodidaktin, die zahlreiche Gartenbücher verfasste, die teilweise auch ins Deutsche übersetzt wurden. Außerdem war sie Mitwirkende bei einer Fernsehsendung über englische Country-Gärten.  Das alte Herrenhaus ist heute ein Luxushotel. Der etwa 1,6 ha große herrliche Garten wurde vom Berichterstatter bereits bei einer früheren Gartenreise 2006 besucht. Damals präsentierte sich der Garten in einem bestens gepflegten Zustand. In diesem Jahr war der berühmte Knotengarten, der auf den Betrachter  wirkt wie Bänder, die miteinander verschlungen sind, kaum mehr zu erkennen. Auch an anderen Stellen, beispielsweise im Küchengarten, der das Gemüse für die Hotelküche liefert, zeigten sich Mängel bei der Pflege. Möglicherweise hängt dies auch mit einem Wechsel des „Head Gardeners“ zusammen.  Zum Abschluss des Besuches gab es im Hotel-Restaurant  „tea and homemade biscuits“.

Bibury wurde von dem Künstler und Schriftsteller William Morris einmal als das hübscheste Dorf Englands bezeichnet. Entsprechend groß ist auch der Andrang der Touristen. Auffallend waren einige besonders schön gestaltete Vorgärten, wobei das Ortsbild insgesamt sehr harmonisch erscheint.

 



Sudeley Castle & Gardens kann als Musterbeispiel für die Vermarktung eines Gartens in einem strukturschwachen Gebiet dienen. Beeindruckend ist die Kombination von schönen alten Gebäuden  und prächtigen Gartenanlagen aus verschiedenen Epochen. Dazu kommt die schöne, naturnahe Umgebung. Ein Gartenraum, versteckt hinter hohen Mauern, wurde 1979 von Rosemary Verey angelegt.  In einem Innenhof des Schlosses wurde 1995 in Erinnerung an die Tudor-Zeit ein Knotengarten  angelegt, dessen Muster einem Kleid nach empfunden ist, das einst Queen Elizabeth I trug. Ganzjährig gibt es im Schloss, bzw. im Garten, verschiedene Events, angefangen von Ritterspielen bis zu einem Dinner  im Garten bei Sonnenuntergang.  In der kleinen Hofkirche, in der die letzte Frau Heinrichs VIII, Katherine Parr, beigesetzt ist, finden Hochzeiten statt. Folgt man dem Rundweg, dann kommt man auch zu Volieren mit verschiedenen Arten von Fasanen, wobei ein Flyer darauf hinweist, dass dies eine der weltweit größten Sammlung von seltenen Fasanen-Arten sei.



Das Weltkulturerbe Blenheim Palace ist Eigentum des Herzogs von Marlborough. Benannt  wurde das Schloss nach dem Dorf Blindheim an der Donau. In der dortigen Schlacht von Höchstädt  im Jahr 1704 siegten die Engländer über Ludwig XIV und die mit ihm verbündeten Bayern. Als Geschenk der Königin erhielt John Churchill, Erster Duke of Marlborough, das Gut von Woodstock  und das Parlament bewilligte die Mittel, um einen Palast zu errichten. Blenheim Palace ist auch der Geburtsort von Sir Winston Churchill. Der Park ist insgesamt 850 ha groß. Der Landschaftspark wurde von Capability Brown geschaffen und gilt als sein Meisterwerk. Der Landschaftsgarten wirkt so natürlich, dass er nicht mehr als Park wahrgenommen wird. Im Bereich des Schlosses gibt es formale Gärten die aber erst in den 1920ern und 1930er Jahren angelegt wurden.



Kiftsgate, unmittelbar neben Hidcote gelegen, ist seit drei Generationen in Familienbesitz. Der etwa 2,5 ha große Garten wurde ab den 1920er Jahren angelegt. Besonders reizvoll sind die schmalen  Wege und die teilweise recht steile Hanglage, die aber auch herrliche Ausblicke auf die umgebende Landschaft bietet. Im Nahbereich des Hauses sind die Gärten formal gestaltet. Eine große Rolle spielen bei der Bepflanzung die Rosen, wobei hier in Kiftsgate eine eigene Sorte gezüchtet wurde. Im Garten gibt es einen kleinen Pflanzenverkauf  und die Eigentümerin bietet kulinarische Kleinigkeiten und „homemade Teas“ an.

Der Botanische Garten in Oxford ist der älteste botanische Garten in England. Im Gegensatz zu Botanischen Gärten in Deutschlandkostet  wird in Oxford Eintritt  verlangt. Unser Besuch an einem Sonntag zeigte, dass dieser Botanische Garten nicht nur wissenschaftlichen Zwecken dient, sondern auch die Funktion eines allgemeinen, der Erholung dienenden, Parks erfüllt. Enttäuschend war die Beschilderung, besonders auch im Bereich der kleinen, technisch veralteten Gewächshäuser. Ein Teil der Flächen im Freiland  liegt im Bereich eines alten „Walled Garden“. Hier gibt es eine Sammlung von Heilpflanzen, geordnet nach den Bereichen des menschlichen Körpers, für den sie wirken. In anderen Beeten wird saisonal wechselnd Gemüse angebaut.

Von Oxford fuhren wir, teilweise im abendlichen Stau, um London herum zurück nach Dover, wo wir noch einmal übernachteten.  

Am letzten Reisetag konnten wir schon morgens mit der Fähre nach Calais übersetzen. Die Weiterreise verlief zügig durch Belgien, vorbei an Aachen, Köln und Frankfurt. Abends kamen wir wieder in Veitshöchheim an.

Ausdrücklich möchte sich der Verfasser dieser Zeilen im Namen aller Mitreisenden bei Frau Magdalena Buchen bedanken, die diese Reise nicht nur gründlich vorbereitet und organisiert hat, sondern auch durch ihre stets positive Ausstrahlung diese Studienreise wieder zu einem unvergesslichen Erlebnis werden ließ.

Wolfgang Klopsch