Unterwegs zu den Gartenschätzen Englands
Geschrieben von: Wolfgang Klopsch   

 

Reisegruppe England 2010

 

Die Reisen unseres Verbandes zu den Gartenschätzen Englands sind schon fast Tradition, und so machten sich auch heuer wieder 30 Ehemalige auf die Reise, um diese Schätze zu entdecken. Ziel der Reise waren Gärten in Südwest-England. Unter der bewährten Reiseleitung von Frau Magdalena Buchen, die seit zwanzig Jahren an der Technikerschule Englisch unterrichtet, startete die Gruppe am 22. Mai in Veitshöchheim. Mit einem Bistro-Bus der Fa. Stewa führte die Fahrt über Köln, Aachen und Brüssel nach Calais. Nach der Fährüberfahrt nach Dover ging es durch Südengland weiter bis nach Bath in der Nähe von Bristol.


Bath, der als einziger Ort in England heiße Quellen besitzt, ist der berühmteste Kurort  dieses Landes.  Hier bezogen wir für eine Woche ein komfortables Hotel. Bei einer Stadtführung lernten wir den eleganten Ort im Tal des Avon zwischen den Hügelketten der Cotswolds kennen. Schon die Römer errichteten hier ein Thermalbad, dessen Ruinen heute vorzüglich restauriert sind. Die meisten Häuser der Innenstadt stammen aus dem 18. Jahrhundert, haben eine einheitliche Höhe und sind aus dem gleichen Baumaterial, einem leicht gelblichen Sandstein, errichtet. Bath präsentiert sich heute somit als ein einzigartiges Architekturensemble mit rund 5000 denkmalgeschützten Häusern. Die UNESCO hat Bath   deshalb bereits 1987 zum Weltkulturerbe erklärt. Bath besitzt auch einen kleinen botanischen Garten, der allerdings mehr den Charakter eines Stadtparks hat und wissenschaftlichen Ansprüchen nicht gerecht wird. Die hier gepflanzten Bäume, Sträucher und Stauden sind alle mit den jeweiligen Namen versehen, so dass sich ein Gartenbesitzer gut informieren kann, was für seinen Garten geeignet ist.

 

Heale House Garden liegt in der Nähe von Salisbury am Ufer des Avon. Das Herrenhaus, ein schmucker Backsteinbau aus dem 16. Jahrhundert, kann nicht besichtigt werden, dafür entschädigt der rund 8 ha große Garten mit seinen Bachläufen und Terrassen. Besonders beeindruckend war der „Tunnel-Garten“ mit seinen tunnelförmigen Apfel-Spalieren innerhalb eines „Walled-Gardens“, also eines Gartenteils, der mit einer hohen Mauer umgeben ist. Farbige Akzente wurden durch die blühenden Wisterien gesetzt. Einen Gegensatz ist jener Teil des Gartens, der an eine fernöstlichen Wasserlandschaft erinnert, samt einem mit Stroh gedeckten Teehaus und einer auffallenden roten japanischen Holzbrücke. Ergänzt wird der Garten durch ein kleines, auch sonntags geöffnetes Gartencenter mit Gartencafe. Im Gartencenter wurden überwiegend Gehölze und Stauden angeboten, die auch im Garten ausgepflanzt sind. Die Warenpräsentation erfolgte mit sehr einfachen und kostengünstigen Mitteln. Angesprochen fühlen sich vor allem Pflanzenliebhaber, die besondere Raritäten, seien es Arten oder Sorten, suchen. 

montacute gardens

 

 Montacute  ist wohl der eindruckvollste Herrensitz  in der Grafschaft Somerset. Das Landschloss ließ Thomas Phelips, Sprecher des Unterhauses, zwischen 1588 und 1600 errichten, ein klassisches Beispiel für einen Landsitz der elisabethanischen Zeit. Im Schloss befinden sich mehr als 100 Gemälde der Tudor- und Stuartzeit, die eine Dauerleihgabe der  „National Portrait Gallery“ sind. Im Garten sind besonders die formvollendet geschnittenen Eibenhecken beeindruckend. Montacute wird heute vom National Trust betreut. Das Gartencenter, das dem Schlosspark angegliedert ist, führt neben Pflanzen auch das ganze Sortiment des National Trust, also Bücher über Gärten und englische Landschaften,  Bestimmungsbücher für Pflanzen und Tiere, Porzellan mit Gartenmotiven, Karten mit Blumenmotiven, kleine Gartengeräte und Textilien für Hobby-Gärtner. Das Preisniveau und auch die Qualität bewegen sich im gehobenen Rahmen.

 

barrington court gardens

 

 

 

 

 

 

 

 

Barrington Court liegt nicht weit von Montacute entfernt. Entstanden ist der Garten unter der Leitung von Gertrude Jekyll (1843 bis 1932) in den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts, die sich bei ihren Planungen an den farbenfrohen „Cottage Gardens“ orientierte.  Mit breiten, artenreich bepflanzten Staudenrabatten gelangen Jekyll abwechslungsreiche Höhen- und Farbeffekte. Das Schloss, das wie der Garten heute zum National Trust gehören, wurde um 1500 im Tudor-Stil errichtet und präsentiert sich heute mit der  Einrichtung und Möblierung des 19. Jahrhunderts. Der Garten ist in mehrere „walled gardens“ aufgeteilt, also Gartenräume, die mit hohen Mauern umgeben sind und so bessere kleinklimatische Bedingungen erhalten. Der Rundweg ist so angelegt, dass man zunächst über den Pflanzenverkauf in den Küchengarten mit Gemüsearten und Kräutern gelangt. Weiter geht es durch den Rosen- und Irisgarten zum „weißen“ Garten und den Liliengarten. Der Zeitpunkt unseres Besuches war, was die Blüte anbelangt, optimal gewählt. Ergänzt werden die genannten Gartenbereiche durch ein Arboretum und Obstanlagen. Im Pflanzenverkauf, an dem jeder Besucher durch die Wegeführung zwangsläufig vorbeikommt, war die Warenpräsentation relativ schlicht und einfach. Im Sortiment, entsprechend dem Anbau in den einzelnen Gärten, waren relativ viel Gemüsearten und –sorten enthalten.  Auf dem Weg nach Barrington Court bekam man in den Ortschaften einen guten Eindruck von der Blütenpracht, vor allem Flieder, Clematis und Wisterien,  und dem Blumenschmuck, die bei „Entente Florale“, dem europäischen Blumenschmuckwettbewerb, sicher dem einen oder anderen Ort zu einer Auszeichnung gereicht hätte (Anmerkung: Veitshöchheim hat bei Entente florale 2009 eine Goldmedaille gewonnen).

 

Hestercombe Gardens liegt in der Nähe der Stadt Taunton. Der Garten besteht aus zwei sehr unterschiedlichen Bereichen, zum einen der formale Terrassengarten, der von Sir Edwin Lutyens 1904 angelegt und von Gertrude Jekyll bepflanzt wurde, zum anderen, ein 16 ha großer, weitläufiger Landschaftsgarten, der zwischen 1750 und 1786 entstand. Durch die sorgfältige Restaurierung ist Hestercombe das beste Beispiel eines Gartens aus der Edwardianischen Zeit. Herzstück des Terrassengartens ist ein formal gestalteter Senkgarten, der umgeben ist von erhöhten Terrassen und Pergolen und von einem Bachlauf durchzogen wird. Jenseits des Gartens dehnt sich die Taunton-Ebene aus, eine typisch englische Landschaft, in die der Garten überzugehen scheint. Neben den Terrassen liegen eine kleine Orangerie und der sogenannte „Holländische Garten“. Im Landschaftsgarten, der sich in einem Tal hinter dem Herrenhaus hinzieht, gibt es Teiche, Wasserläufe und Wälder. Typisch für den Landschaftsgarten sind auch die Bauwerke im Park, meist Nachbildungen antiker Tempel oder Vasen. Auch in Hestercombe gibt es neben einem Restaurant ein Pflanzen- und Gartencenter, wobei das Pflanzen-Sortiment nicht sehr beeindruckte.

 

east lambrook manor gardens

 

 

 

East Lambrock Manor war die Heimat von Margery Fish, der „Mutter“ des englischen „Cottage Garden“.  Den Garten legte Frau Fish von 1938 bis zu ihrem Tode 1969 an. Der Garten befindet sich in Privatbesitz und wird nicht von anderen Organisationen unterstützt. Die Eintrittsgelder,  darauf wird extra hingewiesen, kommen unmittelbar dem Unterhalt des Gartens zugute. Der Garten besteht aus acht Bereichen: Den Terrassen, dem „Silber Garten“,  dem „Weißen Garten“, dem „Lido“ (einem Graben ohne Wasser mit schatten- und feuchtigkeitsliebenden Pflanzen), dem „Ditch“ (eine Art Naturgarten), dem Christrosen- und Schneeglöckchengarten, dem grünen Garten (derzeit Neugestaltung) und dem Steingarten. Charakteristisch für den ganzen Garten sind die mit Stauden dicht bepflanzten Beete. Neben den Eintrittsgeldern finanziert sich der Garten auch durch die Einnahmen des Cafes und durch den Pflanzenverkauf. Angeboten wird eine große Vielfalt von Beet- und Balkonpflanzen (Pelargonien in vielen Arten und Sorten), Stauden und Kleinsträuchern.

 

 

 

 

 Der Highgrove Shop im Städtchen Tetbury war ein kleiner Ersatz dafür, dass wir das Landgut Highgrove, das im Besitz von Prinz Charles ist, leider nicht besuchen konnten. Der VEV hatte sich zwar bereits vor einigen Jahren zu einem Besuch von Highgrove angemeldet, erhielt damals jedoch leider eine Absage und wurde mit einem Platz auf der Warteliste vertröstet. Auf welchem Platz der Warteliste der VEV heute steht, wissen wir leider nicht. In einem Bericht der „Süddeutschen Zeitung“ vom 8. Juli 2010 mit dem Titel „Der grüne Prinz“ heißt es:
“ Nur für ausgewählte Besuchergruppen öffnen sich die Türen zu Haus, ornamentalem Garten und Farm. Doch auch diese handverlesenen Gäste müssen sich mitunter bis zu fünf Jahre lang gedulden, nachdem sie ihren schriftlichen Antrag abgegeben haben…“. Der Laden in Tetbury, der ebenfalls Prinz Charles gehört,  ist halb Andenkenladen, halb Luxusboutique und führt eher hochpreisige  Ware als einfache Bioprodukte der Highgrove Farm, denn Regenschirme, kostbares Porzellan und edle Orangenmarmelade stammen sicher nicht aus dem Bio-Anbau.

 

Westonbirt Arboretum in der Nähe von Tetbury untersteht dem britischen amt für Forstwirtschaft („Forestry Commission England“).  Das Arboretum geht zurück auf Sir Robert Holford, der Mitte des 19. Jahrhunderts mit der Anpflanzung fremdländischer Gehölze begann. Westonbirt ist also auch ein Ergebnis der Sammelleidenschaft des viktorianischen Zeitalters. Das Arboretum umfasst auf einer Fläche von insgesamt 240 ha  16000 katalogisierte Bäume und Sträucher, die zu 3000 Arten gehören. Bei einer speziellen Führung durch das „alte Arboretum“  beeindruckten besonders die alten, mächtigen und voll aufgeblühten Rhododendren.  Das Arboretum, das wissenschaftlich geleitet wird, ist mit Wegen sehr gut erschlossen. Die Pflanzen sind alle mit Etiketten versehen, die wichtige Informationen über die Bäume enthalten. Erstaunlicherweise gibt es ein großes, jahreszeitlich abgestimmtes Rahmenprogramm für ein breites Publikum.  Selbstverständlich gibt es im Arboretum neben einem Besucherzentrum auch ein Pflanzencenter, Restaurants und einen Laden.

 

Die Kathedrale von Wells ist ein architektonischer Höhepunkt der Grafschaft Somerset. Besonders beeindruckend an dieser gotischen Kathedrale ist die prachtvolle Westfassade, die von einem einzigartigen Skulpturen-Zyklus geschmückt wird. Über 300 Figuren sind erhalten geblieben. Im Inneren des Kirchenschiffs fallen die prächtigen Kapitelle auf. Im benachbarten Kreuzgang liegen die Grabplatten zahlreicher Bischöfe. Neben der Kathedrale liegt „Vicars Close“,  eine „Reihenhaussiedlung“ aus dem 14. Jahrhundert mit gepflegten Vorgärten. Der alte Bischofspalast erinnert eher an eine mittelalterliche, mit Wassergräben umgebene,  Burg als an einen bischöflichen Palast. Wells scheint ein Städtchen zu sein, in dem die Zeit stehen geblieben ist. 

 

 

stourhead gardens

 

Stourhead Gardens gehört sicher zu den Höhepunkten dieser Reise. Dieser Garten mit einer Fläche von 41 ha ist das beste Beispiel für einen englischen Landschaftsgarten des 18. Jahrhunderts, der nahezu unverfälscht erhalten geblieben ist. Um 1740 begann Henry Hoare mit der Gestaltung des Parks. Durch das Aufstauen des Flüsschens Stour entstand der See, darum herum eine Folge von malerischen Ausblicken auf Floratempel, Pantheon und Papstgrotte. Um 1755 war die erste Bauphase abgeschlossen. Ab 1760  entstanden der Apollotempel und die malerische Brücke. Ab 1780 erweiterte Colt Hoare den Park um das gotische Landhäuschen und die Einsiedelei.  Exotische Pflanzen, etwa der Taschentuchbaum, Rhododendren und Azaleen, kamen erst nach 1900 in den Park. Kritiker meinen, dass diese späteren Pflanzungen nicht unbedingt mit der Ästhetik des 18. Jahrhunderts harmonieren. Der Verfasser dieses  Berichtes fand aber die Blütenfülle und die Farbenpracht der Rhododendren überwältigend schön. Im Randbereich des Parks gibt es auch einen kleinen „walled Garden“ als Nutzgarten, u.a. mit einem alten Feigenspalier. Stourhead gehört zum National Trust und so gibt es wieder einen Shop mit dem üblichen, hochwertigen und hochpreisigen  National-Trust Garten-Sortiment und einem  ansprechenden Pflanzencenter.

 

Regelmäßig wird die Gärtnerei Coolings  von uns besucht. Eine Reihe von Studierenden der Fachrichtung Gartenbau der Staatlichen Technikerschule für Agrarwirtschaft Veitshöchheim haben in diesem Betrieb auch schon ein Praktikum absolviert. In Ergänzung zum bestehenden Produktionsbetrieb mit Gartencenter hat Coolings nun in Knockholt in der Grafschaft Kent ein neues Gartencenter errichtet. Die Investitionssumme bezifferte Herr Coolings mit 2 Millionen Pfund. Die Holzbinder-Konstruktion einer deutschen Firma ist beeindruckend. Das Warensortiment soll vorwiegend junge Familien ansprechen. Nach übereinstimmender Meinung der Mitreisenden war das Pflanzensortiment, vor allem auch im Vergleich mit dem Stammbetrieb, eher enttäuschend. Auch die Qualität des Hartwaren-Sortimentes erinnerte mehr an die Billigware von Baumärkten. Selbstverständlich gibt es auch in diesem Gartencenter ein eigenes, gut ausgestattetes Restaurant….Vorbildlich wieder die Marketingaktivitäten von Coolings mit eigener Kundenzeitschrift, Internet-Aufrtitt und vielen Events.

 

Ausdrücklich möchte sich der Verfasser dieser Zeilen im Namen aller Mitreisenden bei Frau Magdalena Buchen bedanken, die diese Reise nicht nur gründlich vorbereitet und organisiert hat, sondern auch durch ihre stets positive Ausstrahlung diese Studienreise wieder zu einem unvergesslichen Erlebnis werden ließ.


Wolfgang Klopsch